Was soll man machen, wenn man andauernd zu diesen wieder in Mode gekommenen Cocktailpartys eingeladen wird? Als höflicher Mensch läßt man sich blicken, auch wenn die Festivitäten stinklangweilig sind. Gähnend steif und öde sind sie, weil niemand eine Party gibt, um seinen Freunden einen Gefallen zu tun. Wer das wollte, würde seinen Kumpels ein Taxi mit Champagner und ein paar Mädchen vorbeischicken. Beim Cocktail-Getue geht es um etwas anderes: Der Gastgeber will von sich reden machen Er will zeigen, daß er dazugehört. Und daß er sich auch so eine Party leisten kann wie die Typen, die ihn letztes Mal eingeladen haben.
Sie können ihm dabei helfen und müssen nicht gleich einen Blankoscheck mitbringen. Etwas Phantasie tut’s auch. kommen Sie zum Beispiel ziemlich spät und ganz in schwarz, mit einem Strumpf Ihrer Freundin über dem Gesicht, und entführen Sie den Gastgeber. Lösegeldforderungen möglichst in Millionenhöhe sollten gleich vor Ort gestellt werden, damit alle mitkriegen, wie reich und wichtig Paul (oder wer auch immer es diesmal ist) sein muß. das verhilft ihm zu Ansehen und Kreditwürdigkeit Vorausgesetzt Sie lassen ihn wieder frei.
Den sozialen Status des Hausherrn können Sie auch anders aufpolieren: Bringen Sie zu seiner Party einen ausgestopften BH, Netzstrümpfe und schwarze Strapse mit und begrüßen Sie ihn etwa so:“ ’n Abend, Paul – du hast letztes Mal deine Unterwäsche bei mir vergessen.“ Reiche und wichtige Leute sind bekanntlich sexuell abartig veranlagt.
Zu den Partys der reichen und wichtigen Leute kommen immer viele Berühmtheiten. Ziehen Sie Ihrem Pudel ein nettes Abendkleid an, setzen Sie ihn ins Wohnzimmer des Gastgebers und verkünden Sie laut, das da vorne sei doch Gudrun Landgrebe. Man weiss ja, daß Filmstars im Leben nicht halb so gut aussehen wie auf der Leinwand.
Noch etwas: Wenn das stimmt, was Kurt Raab über Fassbinder geschrieben hat, kommen Angehörige des Jet- und Bedeutungs-Set ohne harte Drogen im Haus gar nicht aus. Zeigen Sie, daß der Gastgeber dazugehört, indem Sie der Polizei einen Tip geben. Die kommt dann zwischen dem ersten und zweiten Cocktail und sucht überall im Haus nach Kokain. Alle werden sehr beeindruckt sein.
Möglicherweise werden Sie auch verhaftet. So was spricht sich herum – noch ein Pluspunkt für den Veranstalter der Trink-Tour. Bloß – Gesprächsstoff satt werfen nur wirklich gute Partys ab. Gut sind: wahnsinnig viele Leute, jede Menge Sex und mindestens eine Schlägerei.
Damit auch genug Leute kommen, läßt man als Gast seine Einladung ein paar hundertmal durch den Kopierer laufen und verteilt die Stapel an diversen U-Bahn-Stationen.
Kann sein, daß die Konversation am Anfang etwas zäh ist. Lassen Sie sich einige Leute vorstellen und probieren Sie folgende Einleitungen: „Geben Sie her, ich hänge ihn auf. Wie schön, ich wußte gar nicht, daß d-c-fix jetzt auch Regenmäntel herstellt.“
Oder: „Ach, Sie sind das. Ich glaube ich habe mal etwas mit Ihrer Frau gehabt.“
Oder: „Sie sehen aus, als könnten Sie einen Job gebrauchen. Wollen Sie bei mir im Hof Schnee schippen?“
Möglicherweise fangen Sie sich eine – macht nichts. Dann kommt ja erst Freude auf. Um den sexuellen Stimmungspegel in die Höhe zu bringen, genügt es noch lange nicht, die Schnittchen aus dem Hundenapf zu verspeisen und treuherzig unter dem Tisch vorzugucken. Machen Sie allem, was Rock trägt, eindeutige Anträge – dem Pudel natürlich nicht. Achten Sie jedoch darauf, daß die Mädchen schon genug Alkohol intus haben, sonst haben Sie die nächste Schlägerei, und das Ganze driftet in die falsche Richtung. Der beste Ort für zügige Anmache ist übrigens der Mantelhaufen im Gästezimmer – Frauen erwarten einfach, wenigstens einmal in ihrem Leben auf einem Berg Pelzmäntel verführt zu werden.
Tanzen bringt natürlich auch das sexuelle Treiben auf Trab. Wenn niemand tanzt – kippen Sie den Spröden reichlich Klaren in den Wein. Dann drehen Sie die Anlage auf Höchstlautstärke. Die Nachbarn werden die Polizei rufen. Sie müssen ja nicht alles selbst erledigen.
Sollte sich die Party jetzt noch immer dahinschleppen, wird es Zeit für Gesellschaftsspiele – zum Beispiel Zimmerpolo mit den Frauen als Ponys. Das hört sich leichter an, als es zuwege gebracht wird. Die meisten Leute sind sich dafür nämlich leider zu fein (oder zu intellektuell). Es gibt einen Trick: Tun Sie so, als hätten Sie Ihre Kontaktlinsen verloren. Während alle auf den Händen und Knien den Teppich absuchen, schwingen Sie sich auf eines der Mädchen, schnappen sich den Feuerhaken als Schläger und schreien „Hatari“ oder was man beim Polo eben schreit.
Sehr gut kommt auch Trivial Pursuit in der Strip-Variante an: Wer etwas nicht weiss, legt ab. Für Partyspiele sollte man allerdings total relaxed und in kindlicher Stimmung sein. Vielleicht können Sie arrangieren, daß die betagten Eltern des Gastgebers eintreffen, wenn alle Gäste bereits netto dastehen.
Sobald die alten Herrschaften hereinkommen, stürzen Sie sich auf Pauls Mutter und schmeißen sie auf den Haufen Mäntel im Gästezimmer. Dann geben Sie den anderen zu verstehen, daß es sich um Königin Beatrix der Niederlande handelt. Das dürfte endgültig klarstellen, daß Ihr Gastgeber zu den oberen Zehntausend gehört. Gut möglich, daß damit auch endlich seine Party ins Gespräch kommt.
Wenn das aber nicht zieht und es immer noch stinklangweilig ist, tun Sie am besten das, worum ich auf Partys immer gebeten werde:
Gehen Sie!